Ein Freund meinte während des Studiums Mal zu mir, ich solle doch Mal über meine Erfahrungen mit Technik schreiben. Scheinbar schaue ich auf manche Dinge mit etwas anderen Augen – besonders auf Computer und Benutzeroberflächen. Deswegen studierte man ja Medientechnologie. 

Alle reden über Digitalisierung und selbst die Kinder rennen schon mit „Smartphones“ durch die Welt. Dabei ist Deutschland bei der Digitalisierung hinterher. Zumindest sieht die Bertelsmann-Stiftung das so und ich selbst besitze seit 2011 einen Personalausweis, der eigentlich mein digitales Ich ausweisen können sollte. Wobei ich nicht sagen würde, dass ich Ihn noch nie benutzt habe. Aber den Pass benutzen, um ein Dokument automatisch mit meinen Daten füllen zu lassen um es dann auszudrucken und mit der Post zu schicken? Da stelle ich mir zurecht die Frage, wofür das gut sein soll?

Um einen Kaufvertrag verbindlich abzuschließen kann man den Ausweis natürlich nicht benutzen. Von Behördengängen und Informationen ganz zu schweigen.
Ich hab jetzt sogar wieder einen richtigen Reisepass mit Fingerabdrücken und einem biometrischen Bild. Der hat für seine Produktion 3 Monate gebraucht und ich musste mehrfach telefonisch bei der Stadt Hamm nachfragen, ob mein Ausweis schon vor Ort abholbereit ist – „Moment ich verbinde…“ – „blabla – Moment ich verbinde“ – „Tut uns Leid, da ist etwas schiefgelaufen.“ SMS-Benachrichtigung, E-Mail-Bananenrichtigung – Fehlanzeige – selbst eine Postkarte wäre für mich noch ok gewesen. So habe ich mit jedem Telefonat etwa 20 Min Mitarbeiter gebunden. Nachdem der Personalausweis schon mit seinem Superchip keinen Mehrwert für mich hatte, war mir die elektronische Reisepassversion völlig egal.

Das Grundproblem Deutschlands bei der Digitalisierung liegt vor allem in diesem lästigen Datenschutz, der unsere Grundrechte schützen soll. Datenschutz – klingt doch super! Ich kann schon gar nicht mehr aufzählen, wieviele Male ich einfach OK oder WEITER geklickt habe. Hier zählt das Prinzip friss oder stirb. Wem es nicht gefällt ist raus und kann den Dienst xyz nicht benutzen. In den US-Digitalisierungsprodukten finden wir heute zunehmend Funktionen, die Daten sammeln und sammeln und sammeln. Völlig egal, ob Apple, Microsoft, Google und so weiter. Aus einem ganz einfachen Grund: Je genauer der Mensch und seine Tätigkeiten digital abgebildet werden, desto wertvoller werden die Daten. Nicht umsonst hat Apple differential privacy eingeführt – ein Verfahren, bei dem Nutzerdaten nicht mehr auf den einzelnen Nutzer zuzuordnen sein sollen. Klingt erst Mal schön, aber außer Apple, weiß niemand wirklich genau, wie das bewerkstelligt wird. Eine klassische Blackbox, in die man nicht hineinsehen kann. Zumindest kann ich das Bemühen loben, die Nutzer schützen zu wollen. Google macht sich die Mühe gar nicht erst und überwacht seine Android-Nutzer permanent. Zumindest, wenn ich mein Android-Telefon nutze ruft es gefühlt permanent meinen Standort ab und fragt mich dann auch ganz gerne, wie ich diesen oder jenen Ort fand und ich soll doch gleich noch ihre Datenbank mit Fotos und einer Rezension füllen. Damit die „Erfahrung“ für alle optimiert wird. Oh, Du versuchst eine andere Suchmaschine zu benutzen? Wie zum Beispiel Duckduck? Kein Problem für Google: Dann routen wir das über unseren DNS-Server, falls Du Chrome nutzen solltest, und erfahren trotzdem, was Dir „auf dem Herzen liegt“. Digitalisierung macht aber erst Spaß, wenn Daten miteinander verknüpft werden. Dafür füttern wir unsere Gerätchen unablässig mit Informationen, die es „dem Computer“ sodann erlauben, persönliche Fragen genauer zu beantworten, als die meisten Freunde, Arbeitskollegen oder sogar der eigene Partner. Dem Internet vertrauen wir gerne alles an – wir haben ja nichts zu verbergen. Das sich das politische Klima einmal ändern könnte, wie wir das zum Beispiel in Amerika sehen, ist erst Mal zweitrangig. Ich will ein digitales Bonbon! 
Erst wenn man zu einer Randgruppe gehört, die auch schon Mal politisch verfolgt wird, erkennen manche, dass Informationen auch gegen einen verwendet werden können.

Das die schwulen Schwulen irgendwann wieder auf der Liste stehen könnten – unvorstellbar. Bereits heute wäre es ein vollautomatischer Prozess, so gut wie alle aus Deutschland zu eliminieren. Dafür braucht es nur ein paar Daten von Datingportalen (die werden zum Glück nie gehackt.), Sozialen Netzwerken und dem aktuellen Standard: Whatsapp. Anne Frank hätte genau eine Nachricht versandt und dann wäre die Drohne heute schon da, um sie abzuholen.

Wer denkt, dass er sich mit eigenen Cloud-Installationen seine Situation zu verbessern, dem muss ich leider mitteilen: Das hilft höchstens ein wenig. Und die Hürden sind hoch. Technik soll ja einfach zu benutzen sein und genauso wird es gemacht: Benutz doch einfach Google Drive, iCloud oder das gleiche in grün von Microsoft – alles ganz easy. Und irgendeiner meiner Freunde überträgt sein Adressbuch doch zu Facebook und Whatsapp. Natürlich gibt es Bestrebungen seine Daten zu „schützen„, was aber natürlich nicht gerne gesehen wird.  Theoretisch wäre es für Whatsapp sicher möglich ein Welt-Telefonbuch online zu stellen, in dem alle Telefonnummern der Welt verzeichnet sind. Wer ein bisserl extra zahlt darf dann auch noch die Information erkaufen, wer mit wem sich wo unterhält. Was für jeden einzelnen Datensatzbeschaffer in weiter Ferne liegt, ist für die Datenzentralen direkt verfügbar – ein häufiges Problem. Das Prinzip in dem die Nutzer völlig transparent und die Firma viele Dinge verschleiert herscht vor. Nur unser Gesetzgeber muss ständig mit dem Datenschutz kämpfen, während letzterer im Prinzip im großen Stil nicht mehr existent ist. Und solange wir uns in einer freien Demokratie bewegen ist auch die Gefahr scheinbar nicht existent. Aber ich bin es langsam leid, dass der demokratische Staat von Konzernen in die Zange genommen wird und ich fürchte, dass die Demokratie ausgehöhlt wird.

Dabei gibt es bereits heute Drohnen, die ihr Ziel einfach wie in einem Computerspiel vernichten. Der Friedensnobelpreisträger Obama hat die USA mit der Fähigkeit ausgestattet weltweite Drohnenangriffe gegen militärische Ziele zu starten. Auch, wenn es in den USA Bestrebungen gibt, militärische Roboterentwicklung zu begrenzen, halte ich es für unwahrscheinlich, dass keine Kriegsroboter entwickelt werden. Wenn selbst die CIA das FBI  und die NSA überwachen will zeigt uns das, dass auch die USA mit der Digitalisierung noch nicht so weit sind, bzw. dass dort ein harter Kampf um Daten stattfindet. Wir wollen nur hoffen, dass unser Smartcar irgendwann nicht zufällig gegen eine Mauer fährt. Politische Gegner waren schon immer nervig. Eine Klarnamenpflicht, wie China sie eingeführt hat, wäre Mal eine gute Maßnahme, um endlich Nutzer zu identifizieren, die sich nicht an das Recht halten. Selbst ein Belohnungssystem hat China inzwischen aktiviert. Aber selbst Klarnamen halten Facebook-Nutzer nicht davon ab, sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Die Wahrscheinlichkeit auf Strafverfolgung ist sehr gering. 

Selbst vor der Währung macht die Digitalisierung nicht halt. Eine Flut von virtuellen Währungen buhlt um unser Vertrauen. Dabei beruht bereits jetzt der Wert einer Währung auf einer Vereinbarung über die Kaufkraft, die mit jeder Krise ins Wackeln geraten kann. Wäre Bitcoin die Währung unseres schönen Deutschlands, wären die Kursschwankungen wohl sicher ein neuer Krisenauslöser gewesen. 

Fefe macht sich auch immer wieder über Datenreichtum lustig, weil Datenansammlungen immer Hacker anziehen, wie Schweine an den Trog kommen. Wie erwarten, dass unsere Daten für eine Bestellung schon irgendwann wieder gelöscht werden. Peinlich wird es immer nur dann, wenn rauskommt, dass es doch nicht so richtig geklappt hat.  Firmen wie Uber nutzen den Datenreichtum sogar um die Strafverfolgung zu vereiteln – Ubers‘ App war sogar in der Lage den Bildschirminhalt aufzuzeichnen. 

Und vernünftige Datenbanken braucht die Menschheit auch, wenn in der Zukunft die Maschinen die Arbeit von immer mehr Menschen ersetzen werden. Ja, nicht nur die Digitalisierung wird Arbeitsplätze fressen, auch die schlauen Roboter werden sich erstaunlich nützlich erweisen. Und wer es sich leisten kann, wir einen Roboter haben, um sein Smart-Home, das digitalisierte Haus, zu steuern. Da können wir nur hoffen, dass der Roboter uns nicht irgendwann entsorgt. 

Es wird Zeit, dass wir in Deutschland eine klare Vision bekommen, welche Effekte der Digitalisierung wir uns wünschen und welche unbedingt zu vermeiden sind. Sonst werden wir ein Opfer der Digitalisierung.